Mittwoch, 14. September 2011

[Rezension] "Star Wars: The Force Unleashed"

(Stuttgart 2008; Verlag Panini ; Autor: Sean Williams; Übersetzer: Jan Dinter; 380 S.; 9,95 €)

 

Klappentext


Der Untergang der Republik ist besiegelt. Die Streitkräfte der Separatisten sind vernichtet, die Mitglieder des Jedi-Rates sind fast ausnahmslos tot und der Orden in alle Winde zerstreut. Der selbsternannte Imperator Palpatine regiert die Galaxie mit eiserner Hand und hetzt seine Schergen auf die Spuren der restlichen Jedi. Vor allem Darth Vader jagt seine ehemaligen Meister mit verbissener Hartnäckigkeit. Ihm zur Seite steht sein Schüler, den der Dunkle Lord persönlich zu einer ebenso brutalen wie effektiven Waffe geschmiedet hat. Erbarmungslos spürt der junge Sith die letzten verbliebenen Jedi auf, mit dem Ziel sie zu vernichten. Doch Vaders Zögling trifft bald auf einen mehr als ebenbürtigen Gegner: Der Jedi-Häscher wird mit seinem innersten Selbst konfrontiert ...

Ein Kampf, auf den ihn auch der Sithlord nicht vorbereiten konnte ...

Rezension

Als "The Force Unleashed"-Fan sehe ich recht gnädig auf die Umsetzungen in digitaler, in Buch- und in Comicform. Die Grundidee des gesamten Projekts gefällt mir, doch leider kann man alle TFU-Inkarnationen in einem Wort zusammenfassen: Vergeudung.
Vergeudung guten Materials, um genau zu sein! Leider wird aus der hervorragenden Idee und den unzähligen charakterlichen und erzählerischen Möglichkeiten kaum etwas herausgeholt. Gerade, da mir die Figur des Starkiller sympathisch ist, bin ich in doppelter Hinsicht enttäuscht.

Für den gesamten Roman gilt: Man stelle sich auf grandiose, aber schlecht umgesetzte Ideen ein. Eine kurze Aufzählung dessen, was das Projekt bietet:
  • Starkiller wurde von Darth Vader sein Leben lang zu einer Tötungsmaschine ausgebildet. Unbarmherzig, unnachgiebig. Unsozial. Ein normales Leben (auch nur normale Umgangsformen) sind ihm fremd.
  • Darth Vader ist die Vaterfigur in Starkillers Leben. Eine gebrochene und in einem Zustand des Sterbens konservierte Figur übernimmt die Erziehung eines Kindes!
  • PROXY, ein Droide und Starkillers einziger Kinderfreund. Er wurde darauf programmiert, seinen Master mit einem Lächeln das Lichtschwert in den Rücken rammen zu können - die Vorstellung Darth Vaders von autoritärer Erziehung?
  • Juno Eclipse, die gutgläubige imperiale Pilotin, in die sich Starkiller verliebt. Eine im (militärischen) Leben stehende Frau und ein zu einer Killermaschine herangezogener Dunkler Jedi, der in Juno die erste Frau in seinem Leben kennenlernt.
Reichen diese Inhalte noch nicht? Dann wäre noch der Grundplot zu nennen: Imperator Palpatine beauftragt Lord Vader mit der Erziehung des jungen Starkillers, um diesen durch Intrigen dazu zu bringen, eine Allianz aus Rebellen gegen Palpatine aufzustellen. So wünscht der Imperator seine Gegner versammelt, um sie alle in einem Handstreich vernichten zu können. Doch der Imperator hat sich verrechnet. Er beschwört seinen Untergang herauf, denn dieses Bündnis aus Dissidenten ist die Rebellen-Allianz, die Jahre später in Form von Luke Skywalker Palpatines Schicksal besiegeln wird ... aber das ist eine andere "Episode" der Saga.

Diese Zeilen machen deutlich, was The Force Unleashed hätte werden können. Was wurde nun umgesetzt?
  • Starkillers unsoziale Erziehung bzw. sein Verhalten: lediglich in Gedankengängen oder ungeschickten Formulierungen angedeutet.
  • Darth "Vater": in keiner Weise aufgenommen, das Verhältnis der beiden ist eine klassische Meister-Lehrling-Beziehung. 
  • PROXYs Programmierung: wird zwar behandelt, aber auf eine lasche Weise, in der niemals die potenzielle Gefahr des Droiden spürbar ist.
  • Die Liebeshandlung zwischen Juno und Starkiller: wird behandelt, aber auf eine plumpe Art; Juno wird durch aus dem Kontext reißende Absätze an Starkiller gezogen, fühlt sich aus nicht nachvollziehbaren Gründen schon wuschig obwohl sie ihn nicht kennt und nur ahnt, was für Gewalttaten er begangen haben muss.
Und gerade die Romanze stößt mir sauer auf. An sich keine fatale Idee, doch viel zu schlecht umgesetzt. Frauen tun zwar gern geheimniskrämerisch, doch Junos Reaktion ist einfach nur unglaubwürdig. Subtile Andeutungen oder Hinweise, dass beide einander anziehend finden, sind zwar im Romanplot vorhanden, doch erschließen sich kaum. Daher erscheint der Kuss der beiden wie ein Fremdkörper in der Handlung.
Auch Rahm Kotas reichlich schmalziger Abschlusskommentar, dass Junos Licht Starkiller aus seiner eigenen Dunkelheit befreit hätte, wirkt reichlich gekünstelt und nicht glaubwürdig. Doch hier gilt wieder: Die Vorlage erlaubt dies alles, doch die Umsetzung vedirbt es. Sowohl Juno als auch Starkiller waren monatelang an Bord der Rogue Shadow gereist und Starkiller selbst hatte Juno gedanklich als Sparringspartner bezeichnet, was man durchaus mehrdeutig interpretieren könnte. Aber konkrete Hinweise auf eine entspinnende Romanze der beiden gab es leider nie.
Doch das ist wohl der Lucas'schen Prüderie in der gesamten Saga zu schulden, in der Liebe erwähnt wird, aber von Sex nur mit netten Umschreibungen die Rede ist (mein Favorit: "Energieleitungen verkuppeln" und "jemandes Laderampe stürmen").
Der gesamtstilistische Eindruck ist auch nicht viel besser. Sean Williams hat den Auftrag "Videospiel-Novelisation" wohl zu wörtlich genommen, denn der gesamte Roman liest sich teilweise wie ein Walkthrough für ebenjenes Spiel. Da stürmen hier Dutzende Sturmtruppen, reiten dort Hunderte Felucianer auf Rancoren oder werden hier Trupps von Schattengardisten von Sithblitzen geröstet. Und man merkt dem Autor auch an, dass ihn diese Teile der Handlung ebenfalls langweilen.
Die Romanumsetzung leidet auch noch an vielen Stellen, aber weißt auch einige Glanzpunkte auf. Das Innenleben Starkillers und Junos beispielsweise wird sehr plastisch dargestellt, wenn auch unter den obigen Einschnitten. Die Charakterentwicklung gerade des Pro-Antagonisten Starkillers vom mitleidlosen Erfüllungsgehilfen seines Meisters zum eigenständigen Jedi ist glaubwürdig und nachvollziehbar.

Kurzbewertung

Der Roman verschenkt zwar viel Potenzial, aber das Metaprojekt "The Force Unleashed" schafft dennoch sehr interessante und durchaus glaubwürdige "Star Wars"-Charaktere und -Handlungen. Den inoffiziellen Titel "Episode 3 1/2" verdient sich das Projekt jedenfalls. Es ist wesentlich packender und spannender als der Großteil der neuen Trilogie.