Freitag, 14. Oktober 2011

[NJO-Rezension #4] "Star Wars: Das Erbe der Jedi-Ritter 4 - Der Untergang"

(München 2003; Verlag: Blanvalet; Autor: James Luceno; Übersetzer: Andreas Helweg; 349 S.; 8,00 €)


Klappentext

Während der gnadenlosen Attacken einer unerbittlichen Alien-Streitmacht, stirbt der ehrenwerte Chewbacca den Heldentod - und der gebrochene Han Solo wird wieder zum einsamen Kämpfer. Er lehnt sogar die Hilfe von Leia und Luke ab und will nur noch eines: den Verräter entlarven, der Chewbacca auf dem Gewissen hat. Doch bei seiner Mission deckt Han ein weitaus gefährlicheres Übel auf: Eine finstere Verschwörung zielt auf das Herz der Neuen Republik. Und nur mit der Hilfe eines unerwarteten Verbündeten kann Chewbaccas Tod gesühnt werden...

Rezension 

Die Yuuzhan Vong stoßen weiter in die Galaxis vor und bringen Obroa-skai zum Fall. Dies wird zum Startpunkt für die ganze Handlung. Mit Obroa-skai erhalten die Vong einerseits viele nützliche Informationen über die Ungläubigen der Galaxis und andererseits darf James Luceno zeigen, wie das Gesicht der mächtigen Politiker wirklich ist. Staatschef Borsk Fey'lya und die Seinen lassen willentlich den Fall einer Weltbibliothek zu, nur damit ihre eigenen Planeten weiterhin geschützt bleiben. Denn die Neue Republik besitzt ihre Flotten, aber schützt damit die fernen Kernwelten der Galaxis. Coruscant, Kuat oder Bothawui. Randwelten wie Obroa-skai sind Kollateralschäden; ebenso wie der Meridian-Sektor oder Ord Mantell. Auf letzterem muss Botschafterin Leia sich nämlich ähnlichen Problemen stellen, wobei die Haltung der mantellianischen Politiker hervorragend arrogant dargestellt wird: Man wolle keine Flüchtlinge aufnehmen, da diese die wunderschöne Landschafts Ord Mantells mit ihren Barrackenbauten zerstören würde und man einen baldigen Anstieg des Tourismus erwarte. Leias gedankliche Reaktion darauf, dass Ord Mantells Wüsten sicherlich ein wunderschönes Erholungsgebiet seien, spricht mir dahingehend aus der Seele. Doch trotz allen Wahnsinns, den man dort erleben muss, bleiben beide Seiten immer verständlich. Leia und Co. möchten einen Platz für die Flüchtlinge finden, aber die anderen möchten sich nicht gerade ihre Planeten mit Flüchtlingen vollstopfen lassen.

Derweil trauert Han Solo weiterhin um Chewbacca. Es ist inzwischen vier Romane her, dass sein Wookiee getötet wurde und Han trauert weiter; auf seine Art. Ich spreche mich hiermit nicht gegen Hans Trauer aus. Im Gegenteil befürworte ich sie. Chewbacca war über eine Generation lang Hans Partner und Freund gewesen. Beide gingen durch Dick und Dünn. Dass es Han mitnimmt, dürfte klar sein. Dass es ihn lange beeinflusst, ebenfalls. Hier geht Solos Verhalten sogar so weit, dass er den Millennium Falken als Geisterschiff bezeichnet und lieber mit dem Raumschiff seines alten Kumpels Roa fliegt. Überhaupt stellt der Roman eine wunderbare Psychoanalyse Han Solos dar. Der raubeinige Schmuggler mit dem "Ladykiller"-Blick wird hier als wahrer Mensch gezeigt. Er verschließt sich und kapselt sich von allen ab. Willentlich schließt er sich dem Feldzug Roas gegen die Friedensbrigade an. Kann Han schon nicht die Yuuzhan Vong töten, so kann er sich einem Freund anschließen und die Verräter und Vong-Sympathisanten umbringen, die die Frau des Freundes auf dem Gewissen haben. Dass dabei seine eigene Familie langsam auseinander bricht, bemerkt er fast nicht. Seinem Sohn Anakin hat er immer noch nicht verziehen, dass er Chewbacca hat sterben "lassen" (doch holt er diesm am Romanende nach und entschuldigt sich bei ihm).

Doch Luceno konzentriert sich nicht nur auf Han Solo. Zwei große Handlungsstränge - Han Solos Abenteuer und die Reise der "Verräterin" Elan und ihrer Intima Vergere - werden verfolgt und durch einige Nebenhandlungen aufgelockert. So kämpft Mara weiterhin gegen ihre Krankheit und Leia muss als Botschafterin durch die Neue Republik eilen.
Überhaupt sind diesmal viele Leute von der Partie. Belindi Kalenda und Major Showolter (die man bereits aus der Corellia-Romantrilogie kennt), der Geheimdienstdirektor Dif Scaur, General Etahn A'baht (und mehrere andere Charaktere aus "Die Schwarze Flotte") und weitere Personen werden erwähnt und als wahre Charaktere eingeführt. Man glaubt, dass diese Personen hierher gehören.

Überhaupt treten hier viele gut charakterisierte Figuren auf. Neben dem sympathischen Showolter, der Priesterin Elan und ihrer mysteriösen Intima Vergere ist dies vor allem die Figur des Droma, die es mir angetan hat. Der Ryn wird in diesem und dem nächsten Roman der Agents-of-Chaos-Duologie ganz klar als neuer Chewbacca eingeführt, doch danach leider fallen gelassen, was ich sehr schade finde. Droma mit seiner höflichen und gütigen Art ist der krasse Gegensatz zum ruppigen und zynischen Han Solo. Daher ergänzen sich beide Charaktere hervorragend. Es war mir eine regelrechte Freude, Droma erleben zu dürfen. Doch auch Showolter und Elan bleiben nicht außen vor. Beide Personen werden plastisch und glaubhaft dargestellt.
Lediglich über Vergere erfahren wir wenig, doch liegt dies vermutlich daran, dass der Leser zu jener Zeit nicht mehr über sie erfahren durfte. Immerhin sorgen ihre heilenden Tränen - der Deus ex machina in diesem Roman - für ein "Happy End", da Maras Krankheit nun auf dem Rückzug ist. Doch trotz ihrer mysteriösen Kommentare und ihrer schlussendlich essenziellen Rolle, bleibt ihr Charakter unklar und sie wirkt insgesamt etwas blass. Ein paar mehr Informationen hätte ich mir schon gewünscht.

Ein großer Minuspunkt in der Handlung ist jedoch der Faktor Zufall: "Zufällig" begeben sich Han Solo und Major Showolter, der mit Elan und Vergere heimlich die Überfahrt nach Coruscant macht, auf die Queen of Empire. "Zufällig" fliegt die Queen nach Ord Mantell, wo gerade Leia ihrer Botschafterrolle nachgeht, so dass sich Ehemann und Ehefrau dort treffen. "Zufällig" trifft der schwer verletzte Showolter auf der Suche nach den ihm unbekannten anderen Agenten auf Han und übergibt seine wertvolle Fracht namens Elan. "Zufällig" rennt Han in Droma bzw. in Reck Desh, den er zusammen mit Roa finden wollte. Und "zufällig" findet Han heraus, dass Elan eine Attentäterin ist - sogar eine Stimme in seinem Kopf ist dafür nötig.
Diese vielen Kleinigkeiten schmälern den Lesespaß doch etwas, aber nichtsdestotrotz ist der Roman lesenswert, wenn man über diese kleinen Schwächen hinwegsieht.

Kurzbewertung
Der Roman ist lesenswert. James Luceno liefert eine gute Arbeit ab und schafft einen glaubwürdigen Han Solo. Er klammert sich jedoch nicht an die bekannten Charaktere, sondern führt durchaus interessante und sympathische Nebencharaktere ein, wie etwa Showolter oder auch Droma.