Dienstag, 1. März 2011

[Rezension] Exponentialdrift

(D 2003; Verlag Bastei Lübbe; Autor: Andreas Eschbach; 268 S.; 6,90 €)


Klappentext
Auf einer Pflegestation erwacht ein Mann, der seit vielen Jahren im Wachkoma gelegen hat. Die Welt um ihn herum kommt ihm seltsam verändert vor. In seinen Erinnerungen mischen sich Bilder, die nicht zueinander passen. In ihm reden Stimmen durcheinander, die er nicht versteht. Am wenigsten identifizieren kann er sich mit dem Elementarsten von allem, mit sich selbst. Er kommt zu der Überzeugung, in Wirklichkeit ein Außerirdischer zu sein, den es in den Körper eines Menschen verschlagen hat. Eine Wahnvorstellung? Der Neurologe, der ihn behandelt, ist fasziniert. Seine Frau fühlt sich ihm entfremdet. Und dann ist da noch ein geheimnisvoller Fremder, der ihn zu verfolgen, zu beobachten scheint ... 

Kommentar
Andreas Eschbach hatte sich auf den 11. September 2001 gefreut. Dieser etwas merkwürdige Satz verliert viel von seiner Sprengkraft, wenn man weiß, dass an jenem Tag Eschbachs Mammutprojekt "Eine Billion Dollar" erschien. Schon vorher begann sich aber die FAZ für Eschbach zu interessieren begann. Man wollte mit einem neuen Blatt zu jener Zeit auf dem hart umkämpften Markt der Sonntagszeitungen landen und dazu der eigenen Zeitung etwas unverwechselbars geben: Einen Fortsetzungsroman.
Dies erklärt Eschbach in seinem Werkstattbericht, der der Geschichte angehängt ist.

Denn Exponentialdrift ist kein Roman. Es ist eine Reihe von Fortsetzungsgeschichten, die zwischen dem 30. September 2001 und dem 14. Juli 2002 in der Frankfuter Allgemeinen Sonntagszeitung erschienen und 2003 als Sammelband aufgelegt wurden. Als gebürtiger Sachsen-Anhalter habe ich mit Frankfurt am Main wenigt zu tun gehabt und stieß daher erst auf die gesammelte Ausgabe. Netterweise wird jedem "Kapitel", das die jeweilige Fortsetzungsgeschichte einer Woche darstellt, eine Zusammenfassung der Ereignisse vorangestellt. Dadurch wird auch das Kurzzeitgedächtnis etwas aufgefrischt, denn beim ersten Lesen hatte ich viele der erwähnten Ereignisse schlichtweg vergessen. Die Geschichten wurden laut Eschbach nicht nachbearbeitet sondern in ihrer Form direkt übernommen, so dass man eine gesammelte Chronik der Ereignisse vor sich hat, wie sie auch in der Zeitung abgedruckt wurden.

Die Geschichten sind gut lesbar und leicht verständlich. Eschbach weiß ohnehin, wie er mit wenigen Sätzen eine Figur zum Leben erwecken kann. Ihm gelingt dies auf immer neue Weise. Dem Medium der Fortsetzungsgeschichten ist es jedoch zu schulden, dass oftmals Sprünge der Handlungen stattfinden und viele Geschehnisse nur angerissen werden können. Doch die dargebotene geraffte Form hat ihren ganz eigenen Reiz. Inhaltlich gibt es an sich wenig zu sagen, denn der geschichtliche rote Faden wird zwar verfolgt, ist aber leider recht voraussehbar. Viele interessante Ideen und Denkkonzepte werden zwar vorgestellt, doch nichts, das mich derart aus dem Hocker haut, wie bei anderen Eschbachromanen. Was nicht bedeuten soll, dass die Geschichte schlecht ist. Keineswegs. Ist sie lesens- und empfehlenswert. Allein Eschbachs Stil ist lohnt den Roman bereits, doch kenne ich andere Werke von ihm und weiß, was er mit dem ihm gegebenen Raum anstellen kann. Hier ist die Kreativität zwar nicht beschnitten worden, aber dem Medium des Fortsetzungsromans geopfert worden.

Im bereits erwähnten Werkstattbericht geht Eschbach auf die Entstehungsgeschichte ein und erläutert Hintergründe, die viele Teile des Romans in einem neuen Licht erscheinen lassen. Der Bericht liest sich flott und unterhaltsam und wir erfahren auch, wie Eschbach auf den Fantasienamen Exponentialdrift gekommen ist. Im Roman erfahren wir dies auch, doch es aus der Feder des Autors selbst zu lesen ist eine ganz andere Erfahrung. 

Bewertung
Für Eschbach-Fans und Freunde des Genres empfehlenswert.