Samstag, 14. Mai 2011

[Rezension] "Solarstation"

(Verlag Bastei Lübbe, D 1999, Andreas Eschbach, 316 S., DM 12.90)


Klappentext

Im Jahr 2015: Hauchdünn und kostbar sind die Sonnensegel der japanischen Solarstation NIPPON. Von ihnen aus wird die Erde mit Energie versorgt. Als die Energieübertragung versagt, denken Leonard Carr und die Mannschaft der Station zuerst an eine technische Panne. Doch dann geschieht ein Mord, und ein fremdes Raumschiff dockt widerrechtlich an. Entsetzt erkennt die Besatzung, daß sie Spielball in einem Plan ist, der die Station zu einer nie dagewesenen Bedrohung für die Erde werden läßt. Leonard hat nur eine Chance gegen die kalte Präzision, mit der seine Widersacher vorgehen: Er kennt alle Geheimnisse der Solarstation und weiß beim Kampf, die Gesetze der Schwerelosigkeit für sich zu nutzen ...

Der erste Thriller des nächsten Jahrtausends. Eine Art Stirb langsam im Weltraum von einem der begabtesten deutschen SF-Autoren der Gegenwart.

Kommentar

Es erstaunt mich bis heute, dass Andreas Eschbach die Entwicklung im arabischen bzw. islamischen Kulturraum derart realitätsnah dichtete. Natürlich gibt es keinen neuen Propheten, der einen heiligen Krieg begonnen hat, aber als der Roman im Original 1996 (beim Schneekluth-Verlag) erschien, war von Krieg gegen Terror, Dschihad und anderen Schlagwörtern höchstens in Insiderkreisen die Rede. Für die breite Öffentlichkeit war all das (noch) Fiktion. Ebenso Fiktion wie die Idee gewaltiger Solaranlagen, die den weltweiten Stromhunger decken sollten. Diese gibt es zwar heute auch noch nicht, aber mit Ideen und Konzepten zu Solarparks in der Sahara kommt man dem Ganzen schon näher.

Daher finde ich den Hintergrund des Romans sehr interessant und spannend. Gerade mit dem heutigen Kenntnisstand wirken Eschbachs Recherchen fast prophetisch genau. Sogar das Detail, dass sich die USA aus dem Raumfahrtprogramm zurückzogen, stimmt in gewisser Weise. Denn es ist nämlich so, dass der amerikanische Protagonist Leonard Carr auf der japanischen Solarstation Nippon seinen Dienst tut. Er, der Weiße, ein "gaijin", muss also mit der fremden Kultur klarkommen und sich in ihr bewegen.
Bewegung ist auch ein gutes Stichwort, denn der Roman nimmt diese in zweifacher Hinsicht auf: Einmal in der Tatsache, dass auf der Raumstation selbst Schwerelosigkeit herrscht und die Charaktere mit diesen Auswirkungen kämpfen müssen; dabei bindet Eschbach diesen Effekt wunderbar in die Handlung ein. Und dann wäre da noch die Handlung, denn nach einigem einleitenden Vorgeplänkel wird eines der Stationsmitglieder tot aufgefunden und eine unbekannte Raumsonde dockt an die Station an. Schnell stellt sich heraus, dass die Terroristen an Bord den starken Mikrowellenstrahler der Station, der die gesammelte Solarenergie an Bodenstationen auf der Erde schickt, als Waffe nutzen wollen. In bewährter James-Bond-Manier haben die Bösen also vor, die Erde als Geisel zu nehmen und die Bevölkerung zu erpressen. Leonard Carr, der auf der Station kaum mehr als ein Hausmeister war, muss sich also den Bösen stellen und sie besiegen.
Klingt nach einfacher und geradlinig actionreicher Mainstream-Unterhaltung - ist es auch größtenteils. Dass diese Art Roman eher die Ausnahme bei Eschbach darstellt, erklärt sich leicht daraus, dass die Verlage, die seinen Erstling "Die Haarteppichknüpfer" ablehnten, nach mehr Action verlangten. Und die sollten sie bekommen, so Eschbach in einem späteren Rückblick. Dabei gelingt es ihm, die Geschichte in einem guten Rahmen und halbwegs ausgewogen zu halten, dass man am Ende nicht den Eindruck eines Actionthrillers hat. Sprachlich geschickt und subtil ist der Roman nicht - aber das erwartet auch keiner. Der Klappentext hält, was er verspricht, jedoch auf dem für Eschbach typischen hohen Niveau.

Bewertung

Einer der unüblicheren Eschbachromane, aber dennoch lesenswert!